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Fachtag Integration stärken am 29.November 2018

Der erste interreligiöse/ interkulturelle Fachtag des Landesjugendring Thüringen e.V. wurde mit einem Willkommensgruß von Herrn Gill eröffnet.

Im Mittelpunkt der anschließenden Eröffnungsrede von Herrn Dieter Lauinger (Thüringer Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz) stand das „Willkommen“.

Willkommen sein heiße, „erwünscht sein“. Wie sehr er diese Veranstaltung unterstütze und wie wichtig es sei, den Migranten das Gefühl eines „Willkommenseins“ zu geben, dass sie in unserem Land gewollt seien, betonte Minister…

An die Begrüßungsrede anschließend gab Frau Kruppa in ihrer Rede zunächst einen Überblick über die Zahlen in Thüringen: Sie verwies auf den starken Rückgang Geflüchteter in den Jahren 2015-2018, ebenso wie auf die demographische Situation: Thüringen als größtenteils ländliche Region, mit einer immer mehr alternden Bevölkerung. Den Menschen hier ein Willkommen zu bieten sei aus humanitären Gründen wichtig. Natürlich habe Thüringen davon aber auch einen Nutzen. Thüringen habe für seine wirtschaftliche Entwicklung dringend Zuzug von Menschen nötig.

Frau Kruppa sprach außerdem ausführlich über das Integrationsgesetz in Thüringen. Darum gehe es vor allem und eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe. Die zu uns kommenden Menschen sollten in Freiheit und Würde leben können. Dabei ginge es um alle Zuwanderer, nicht nur um Geflüchtete!

Frau Kruppa stellte die Unterschiede zu anderen Bundesländern in Thüringen heraus: Kinder seien 3 Monate nach ihrer Ankunft schulpflichtig, Gemeinschaftsunterkünfte sollten nach 4-6 Wochen spätestens wieder verlassen werden, um würdige Lebensumstände zu schaffen, und jedem Geflüchtete, unabhängig von seinem Status, wird der sogenannte Integrationskurs ermöglicht. Dabei handelt es sich um einen Deutschsprachkurs. Frau Kruppa betonte in ihrer Rede, wie ausschlaggebend die Sprache für eine gelingende Integration ist.

Einen ähnlichen Duktus hatten auch die beiden folgenden Vorträge:
Der Islamwissenschaftler Herr Taskinsoy stellte in seinem Vortrag folgende Gleichung auf: Weniger Begegnung sei gleichbedeutend mit mehr Angst, während mehr Begegnung weniger Angst voreinander zur Folge habe. Ausgehend von seinen positiven Erfahrungen mit Schulgruppen ermutigte er dazu, sich nicht über Religionen oder ethnische Zugehörigkeit zu definieren, sondern über Dinge, welche sich in jeder Kultur finden. Dazu verwies er auf die Worte des persischen Mystikers Rumi: „Jenseits von richtig und falsch gibt es einen Ort. Hier können wir einander begegnen.“ Auch, dass die Weltreligionen alle eine Wurzel in Abraham hätten, betonte Herr Taskinsoy in seinem Vortrag.

Die Frage, ob der Islam ein Integrationshindernis sei, verneinte er zwar nicht, verwies aber auf seinen Sportunterricht, wo er gelernt habe, Hindernisse zu überwinden. Allerdings sprach er auch davon, dass gelungene Integration auch Konflikte mit sich bringe. Denn wer gut integriert sei, gestalte spätestens in der zweiten Generation die Gesellschaft aktiv mit. Hier verwies Herr Taskinsoy auf das Buch „Das Integrationsparadox“ von Aladin El-Mafaalani.

Wichtig war Herr Taskinsoy auch die Entwicklung von Integration im Vergleich zu den 1980er Jahren hervorzuheben. Dabei spräche ein Syrer heute innerhalb von 1-3 Jahren gut deutsch, während einige von den vor 20-30 Jahren Gekommenen immer noch kein Deutsch sprächen.

Im Anschluss daran zeigte Herr Nader Khalil einen Überblick über die arabische Mentalität. Dabei betonte er, dass „arabisch“ nicht gleichbedeutend mit „muslimisch“ sei. Unter Arabern fänden sich Christen, Juden, Muslime, Konfessionslose… Aus seinem großen Erfahrungsschatz aus der Arbeit mit Migranten berichte Herr Khalil über Unterschiede im deutschen und arabischen Denken: In Deutschland stehe das ICH an erster Stelle, gefolgt von dem Du und dem Wir. Im arabischen Denke sei das Kollektiv, da Wir, vordergründig, dem folge das Du und dann erst das Ich.
Er betonte, dass Bildung zu fördern auch Integration fördere. Dass die sogenannte „Duldung“ von Migranten die Möglichkeit zur Integration versperre, da durch fehlende Arbeits- und Ausbildungserlaubnis auch die Perspektive fehle. Dies fördere die Kriminalität.

Herr Khalil kam durch eine ganz andere Argumentation zu einem ähnlichen Fazit wie Frau Kruppa: Die Sprache ist der Schlüssel zu gelingender Integration. Die Menschen sollten nicht aufhören in den Dialog miteinander zu treten, auch wenn etwas nicht gleich verständlich ist.

Denn, so betonte Herr Khalil, wenn Worte aufhörten, dann beginnt Gewalt. Ganz klar war für ihn: Vielfalt ist in jedem Fall eine Bereicherung.

In den Workshops zeigte sich, dass Integration ein innerer und äußerer Prozess sein muss. Allein Projekte genügen nicht, denn diese in ihrer Dauer beschränkt, die Menschen müssen sich auch selbst aufmachen. Im Gespräch stellte sich heraus, dass dies schwierig ist. Denn nach dem Sprachkurs fehlte oft der Zugang zu Einheimischen. Dabei wurde deutlich, dass auch hier hilfreich sein kann sich über Kompetenzen und nicht durch Sprache, Religion oder Ethnie zu identifizieren. So kann Musik oder Sport den Zugang zu Einheimischen ermöglichen und man kann über eine verbindende Gemeinsamkeit zueinander finden und miteinander ins Gespräch kommen. Im Zentrum des Austausches in den Workshops stand dabei, ebenso wie bei den vorangegangenen Vorträgen, der Dialog!

Mit der Auswertung der Workshops im Plenum wurde dieser sehr gelungene Fachtag abgerundet.